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Schletter, Christopher
Ad-hoc-Publizität bei strafbewehrten Compliance-Verstößen und die Grenze des Nemo-Tenetur-Grundsatzes
Kovac, J.
978-3-339-11344-3
1. Aufl. 2020 / 328 S.
Monographie/Dissertation

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Kurzbeschreibung

Reihe: Schriften zum Banken- und Kapitalmarktrecht. Band: 29

Mit der acht Milliarden Euro schweren Sammelklage von Aktionären gegen Volkswagen im Zuge des „Diesel-Skandals“ wurde ein zentrales Problem der kapitalmarktrechtlichen Pflicht zur Veröffentlichung kursrelevanter Informationen „ad-hoc“ offenbar: Muss sich ein Unternehmen bei Aufdeckung eines Compliance-Vorfalls selbst strafrechtlich belasten? Die bestehende Unsicherheit wird durch die europäische Vollharmonisierung der Ad-hoc-Publizität mit der neuen MAR weiter verstärkt. Hinzu kommt ein europäischer Trend der Kriminalisierung von Unternehmen, der die Interpretation der Menschenrechte nach der Charta und der Konvention maßgeblich beeinflusst und sich bereits in der jüngeren Rechtsprechung niedergeschlagen hat. Die zurückhaltende Position des deutschen Bundesverfassungsgerichts zur Geltung des Nemo-Tenetur-Grundsatzes für Unternehmen verliert hierdurch zunehmend an Bedeutung.

Diese Doktorarbeit behandelt schwerpunktmäßig den Konflikt der Ad-hoc-Publizität nach Art. 17 MAR mit der Selbstbelastungsfreiheit. Hierzu wird die Veröffentlichungspflicht zunächst grundlegend rechtsökonomisch untersucht und deren Teleologie herausgearbeitet - der Schutz von Informationshändlern und die Kosteneffizienz der Regulierung. Darauf aufbauend wird erarbeitet, wie der Interessenkonflikt bei strafbewehrten Compliance-Verstößen bereits durch einen Aufschub nach Art. 17 Abs. 4 MAR aufgelöst werden kann, da der Selbstbelastung typischerweise berechtigte Emittenteninteressen entgegenstehen. Dies spiegelt sich auch im zeitlichen Anknüpfungspunkt der Ad-hoc-Publizität wider, der mangels einer Compliance-Dimension von der Kenntnis der Emittenten abhängt. Zwingt aber die Publizitätspflicht dennoch zur Selbstbelastung, verstößt dies gegen den Nemo-tenetur-Grundsatz nach der Charta, der Konvention und dem Grundgesetz. Daher ist de lege ferenda ein Verweigerungsrecht des Emittenten zu erlassen, das de lege lata über die primärrechtskonforme Reduktion des Art. 17 Abs. 1 MAR erzielt werden muss.